Unsere Heimat, unsere Liebe…

„Mit seinem neuen Stadion“, wagte BILD-Kolumnist Max Merkel im Sommer 1979 gewohnt kesse Töne, „braucht Bochum nicht mehr zurückzustehen hinter Dortmund, Schalke und Duisburg. Für mich ist der VfL jetzt der Favorit.“ Mit solchen Prognosen stand der boulevardeske Trainer in besagter Sommerpause nicht allein.

Schon vor der offiziellen Eröffnung im Juli 1979 feierte die Öffentlichkeit das neue „Schmuckkästchen“ an der Castroper Straße. Allen voran rührte die Stadt Bochum als Bauherr frühzeitig die Werbetrommel für ihr neues Stadion: „Von keinem der 49.522 Plätze sind Sie mehr als 30 Meter vom Geschehen entfernt – und das Wetter können Sie dank der kompletten Überdachung auch vergessen“, machten Plakate Appetit auf die offizielle Einweihungsfeier am 21. Juli 1979.

Auch für die hatten die Stadtoberen keine Kosten und Mühen gescheut: Bochum wollte demonstrieren, dass die Stadt nach Schauspielhaus, Ruhr-Uni und Bergbaumuseum nunmehr ein neues Wahrzeichen hinzugewonnen hatte. So beglückten die Organisatoren die weit über 30.000 Zuschauer, die trotz Regenwetters zur Stadionpremiere gekommen waren, u.a. mit einem Stuntman, der den Spielball per Hubschrauber direkt zum damaligen Oberbürgermeister Heinz Eickelbeck in den Mittelkreis brachte.

Zum wahren Höhepunkt des Begleitprogramms avancierte jedoch Dirigent Gotthilf Fischer, der – auf einem Hebekran schwebend – die Ostkurve kurzerhand zu Bochums größtem Chor umfunktionierte und gemeinsam mit den Fans das „Bochumer Jungenlied“ intonierte. Das anschließende innerstädtische Derby zwischen dem Bundesligisten VfL Bochum1848 und dem Zweitligisten SG Wattenscheid 09 endete standesgemäß 3:0, u.a. dank zweier Treffer von „Rakete“ Heinz-Werner Eggeling.

Auch der VfL schloss sich den Feierlichkeiten um die neue Arena an und lud elf Tage nach der Stadt zu seiner offiziellen Saisoneröffnung ins Ruhrstadion. Dabei begrüßte man niemand geringeres als Manchester United. Den Engländern trotzte der VfL immerhin ein 1:1-Unentschieden ab – die Weichen für einen Höhenflug im neuen Stadion schienen tatsächlich gelegt.

Doch zunächst waren die VfL-Festwochen im Ruhrstadion erst einmal beendet. In die folgende Bundesligasaison startete man mit 2:10 Punkten so katastrophal wie noch nie zuvor, wozu vor allem die eklatante Heimschwäche beitrug. In den ersten drei Bundesligaspielen im Ruhrstadion gelang dem VfL nicht ein einziger Torerfolg; erst der 2:1-Sieg gegen Hertha BSC am 22. September 1979 erlöste den VfL von seinem Fluch.

So verschwanden die überzogenen Erwartungen an das Stadion so schnell wie sie gekommen waren, doch die langfristig positiven Effekte blieben bis heute bestehen. Mit seinem „Schmuckkästchen“ sammelt der VfL seitdem konstant Sympathiepunkte, egal in welchen Tabellenregionen sich der Verein auch gerade befindet: In den Stadionranglisten landet Bochum seitdem immer auf einem der vorderen Plätze.

Apropos Tabellen: Seine erste Saison im Ruhrstadion beendete der VfL schließlich noch auf einem ordentlichen 10. Platz. Max Merkel hatte sich also doch (wieder einmal) zu weit aus dem Fenster gelehnt – oder vielleicht auch nur verfrüht geäußert. Schließlich traf seine Vorhersage knapp 25 Jahre später ein, als der VfL die „Ruhrpottmeisterschaft“ holte und in den UEFA-Cup einzog. Und daran war das Ruhrstadion ja bekanntlich nicht ganz unbeteiligt…

2006, im Jahr des erneuten Wiederaufstiegs, erfolgte schließlich die Umbenennung von Ruhrstadion in rewirpowerSTADION. Vier Jahre später, 2010, war der Fußballstandort Bochum erstmals Schauplatz einer Weltmeisterschaft, als die U20-Frauen u.a. an der Castroper Straße ihre Titelkämpfe austrugen. Allein die deutsche U20 gastierte auf ihrem Weg zum Titel gleich viermal in Bochum, zuletzt im Halbfinale gegen Südkorea (5:1). Die Wettkämpfe waren die Generalprobe für die ein Jahr später stattfindende FIFA Frauen-WM 2011, bei der unser „Schmuckkästchen“ endgültig in den internationalen Fokus gerückt wurde. Die Umbaumaßnahmen hierzu, wovon Stadioncenter und Stadion gleichermaßen betroffen waren, dauerten von 2009 bis ins Frühjahr 2011.

Fünf Jahre danach der nächste Entwicklungsschritt unserer Stadiongeschichte: Mit Wirkung vom 01.07.2016 bekam das Stadion seinen ursprünglichen Namen zurück und heißt nun Vonovia Ruhrstadion.

Weiterführende Links

Stadiongeschichte I   Stadiongeschichte II